6.12.2009 - 20:01 Uhr
56 Posts
InderMittesitzer
|
Ich hab das Bad kurz nach der Eröffnung besucht (Mai 2004), hier mein Besuchsbericht...
... 119 ... „Rhein-Ruhr-Bad Duisburg“
Baden im Schatten des Förderturms
== Einleitung ==
Wohl kaum eine Region in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren so verändert wie das Ruhrgebiet. Zechen und Hochöfen wurden stillgelegt, der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft ist längst vollzogen. Auch die Bäder haben sich verändert. Und an manchen Stellen treffen Geschichte und Moderne direkt aufeinander. So auch in Duisburg, wo vor wenigen Jahren ein ganz neues Familien-Freizeitbad entstand: das "Rhein-Ruhr-Bad".
== Fakten ==
Bad-Typ: Freizeitbad / Sportbad / Familienbad / Wellen-Hallenbad / Saunaland
Eignung: Kinder / Erwachsene / Senioren / Sport / Behinderte / Textilfrei
Adresse: „Rhein-Ruhr-Bad“, Kampstraße 2, D-47166 Duisburg - Hamborn
Region: Nordrhein-Westfalen, Niederrhein
Telefon: (+49) 0203 - 544 710
Fax: (+49) 0203 - 544 71 11
e-mail: info@rhein-ruhr-bad.de
Internet: www.rhein-ruhr-bad.de
Eröffnung: 12. Mai 2004
== Stadt ==
Duisburg ist mit über 530.000 Einwohnern eine der größten Städte des Ruhrgebiets. Durch die äußerst verkehrsgünstige Lage an der Mündung der Ruhr in den Rhein (sowie am Rhein-Herne-Kanal) und an den Verkehrsachsen Nord - Süd sowie Ost - West (Autobahn- und Eisenbahnknotenpunkt) erlangte die Stadt mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert eine einzigartige Stellung. Duisburg besitzt auch heute noch den größten und umsatzstärksten Binnenhafen der Erde. Hier hat auch der Rhein, der meistbefahrene Strom der Erde, seine höchste Verkehrsdichte.
== Geschichte ==
Duisburg entwickelte sich aus der fränkischen Königspfalz Dispargum, wurde 1129 zur Reichsstadt erhoben (regia villa Duisburch) und später Mitglied der Hanse. Die Universität wurde 1655 gegründet. Obgleich die Altstadt gegen Ende des 2. Weltkrieges total zerstört wurde, hat Duisburg auch heute einige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Einen Besuch wert sind u. a. die Salvatorkirche (1415), das spätgotische Dreigiebelhaus (16. Jh.), die Stadtmauer (12. Jh.), das Rathaus (1902) sowie das Schloß Heltorf der Grafen Spee. Weiterhin gibt es in Duisburg einen bedeutenden Zoo mit Delphinarium, mehrere Museen und das Erholungsgebiet Sechs-Seen-Platte mit dem Sportpark Wedau. Die Stadt hat immer noch einen industriellen Charakter mit vielen großen Fabriken (Stahl, Erdöl, Schiffbau etc.), aber nur noch eine fördernde Steinkohlen-Zeche (in Walsum).
== Standort ==
Im Stadtteil Hamborn wurde der Kohle-Abbau schon vor Jahren eingestellt. Heute erinnert nur noch der alte, renovierte Förderturm an die einstige große Bedeutung des Bergbaus für die Stadt. Direkt neben diesem Förderturm, nicht weit vom ehemaligen Stadtbad entfernt, eröffnete im Mai 2004 das modernste Freizeitbad der Stadt.
== Anfahrt ==
Duisburg-Hamborn, direkt hinter EKZ „Kaufland“. Es gibt einige kostenlose Parkplätze direkt neben dem Bad, notfalls kann man auch am Einkaufszentrum parken.
== Positionierung ==
Das „Rhein-Ruhr-Bad“ ist ein Stadtteilbad und zielt auf ein regional sehr eng begrenztes Publikum ab. Das zeigt sich schon an der relativ geringen Größe und der stark begrenzten Kapazität. Zielpublikum ist hier vorwiegend die junge Familie. In Duisburg gibt es noch einige weitere Bezirksbäder und auch überregional bedeutende Bäder. Zu erwähnen sind vor allem die „Niederrhein-Therme“ im Revierpark Mattlerbusch sowie die Wettkampfbäder Wedau und Walsum (jeweils mit 50-m-Hallenbecken). Das Walsumer Allwetterbad verfügt außerdem über zwei große Röhrenrutschen (Spaßbad-Charakter). Im Rahmen des Bäderkonzeptes sollen außerdem in naher Zukunft zwei neue Bezirks-Hallenbäder entstehen, nämlich das „Bezirksbad Süd“ und das „Sport-Hallenbad am Toeppersee“.
== Erster Eindruck ==
Schon von außen präsentiert sich das „Rhein-Ruhr-Bad“ selbstbewußt avantgardistisch. Der Baukörper wirkt neben dem hohen Förderturm fast schon filigran, wie ein Kartenhaus. Das schmale, zur Straßenseite hin aufsteigende Pultdach scheint über den allseitigen, teilweise schräg nach außen geneigten Glasfronten zu schweben. Alle Stützen und Querträger sind silbergrau lackiert und nur die Türen und Fenster setzen kleine Farb-Akzente. Das Bad übt sich in Understatement - wie ein seriöser Geschäftswagen, bei dem nur die leuchtend rot lackierten Bremssättel und der Vierfach-Auspuff darauf hinweisen, daß sich eigentlich um einen Sportwagen handelt.
Drinnen setzt sich dieser Eindruck fort. Alles erscheint auf den ersten Blick sachlich, ist aber modern durchdesignt. Die Eingangstheke beispielsweise ist nicht wie üblich aus laminierten Preßspanplatten gefertigt, sondern aus grünlichem Milchglas, das von unten hinterleuchtet ist. Dazu kontrastieren die schieferfarbenen Bodenplatten und die Schränke in hellem Nußbaum. Die gläsernen Verkaufs-Vitrinen wurden nicht im Möbelhaus besorgt, sondern paßgenau unter die Aufstiegstreppe zum Saunaland eingefügt.
== Funktionsräume ==
Mit einem Chip ausgestattet passiert man das Drehkreuz und gelangt in die Umkleiden. Für Badegäste befinden sich 568 Schränke im Erdgeschoß, davon 168 in vier Sammelumkleiden für Schulen und Vereine. An vier einfachen, aber geschmackvoll zweifarbig gefliesten Duschräumen mit je 10 Duschen vorbei geht es ins Badeland. Ein „Zwangsduschen“ gibt es nicht, man kann also mit trockener Badetasche zu den Liegen gelangen. Im Obergeschoß, das sich über etwa die halbe Grundfläche erstreckt, sind Saunaland und Gastronomie untergebracht. Die beiden Sauna-Umkleiden (Damen und Herren getrennt) verfügen über jeweils 44 Schränke in Holz-Optik. Die Umkleiden wirken sauber und modern.
== Besucher ==
Trotz Aktionspreisen (bis zu 4 Euro billiger) ist das Bad heute relativ schlecht besucht. Die Gastronomie ist sogar gähnend leer. Im Saunaland tummeln sich gegen 18 Uhr gerade mal 15 Leute, fast alles Männer einer Freundesgruppe. Im Erlebnisbad ist es ähnlich. Etwa zehn Schwimmer und ebenso viele Erlebnisbader, dazu noch etwa fünf Kleinkinder. Der Lehr- und Aktivbereich mit dem Variobecken (komplett abgetrennt) ist absolut leer.
== Sportbad ==
Der Badebereich ist behindertenfreundlich ebenerdig angelegt. Größtes Bassin ist das wettkampfgerechte 25-Meter-Sportbecken mit sechs Bahnen (417 m²), durchgehend ca. 200 cm tief. Damit kann das Schul- und Vereinsschwimmen des Stadtteils gut abgedeckt werden. Auf Sprungbretter hat man zugunsten niedrigerer Bau- und Betriebskosten verzichtet, zumal in den anderen Duisburger Bädern genügend Trainingsmöglichkeiten für Springer bereitstehen (bis 10 m Höhe). In einem vollkommen abgetrennten Raum nebenan befindet sich das Lehr- und Aktivbecken. Dieses ist mit 133 m² relativ groß (16,66 x 8 m) und verfügt über einen durchgehenden Hubboden, der in der Höhe von 30 bis 200 cm verstellt werden kann. Damit eignet sich das Becken nicht nur für Schulen und Schwimmkurse, sondern auch für Wassergymnastik und Fitneß-Angebote.
== Erlebnisbad ==
Eine ca. vier Meter hohe, halbrunde Wandscheibe trennt das Sportbecken vom Erlebnis- und Kinderbereich ab. Die Wand ist dunkelblau gefliest und durch eingesetzte Sichtschlitze aufgelockert. An die Innenfläche der Mauer schmiegt sich eine ca. 25 Meter lange Edelstahlrutsche von Wiegand. Diese kann auch mit Gummireifen befahren werden. Auch der Raum unter der Rutsche bleibt nicht ungenutzt, denn hier wurde eine Wassergrotte eingebaut. Vorm Eingang der Grotte schwebt wie das Skelett eines Wales ein Klettergerüst für Kinder. Dieses kann zusätzlich von oben mittels Wasserfall benäßt werden. Weiterhin gibt es im dreigeteilten Erlebnisbecken drei Nackenduschen, Sitzsprudler und Massagedüsen.
Auf gleicher Ebene mit dem Rutschenbecken befindet sich ein ebenfalls rundes Bassin, das mittig einen 80 cm durchmessenden Gummiball der Fa. API aus Eschweiler enthält. Dieser wird zweimal stündlich zur Wellenerzeugung eingesetzt. Das dritte Bassin, ebenfalls rund, beherbergt sechs Sprudelliegen und mehrere Sitzsprudler. Es liegt etwas erhöht, mit Überlauf in die unteren Erlebnisbecken.
Direkt nebenan liegt der Wasserspielplatz für die kleineren Kinder. Auch dieser besteht aus zwei runden Becken, die ineinander verschachtelt sind. Eine mittels Handpumpe betriebene Spritzente, vier Bodensprudler, ein Wasserigel, eine Minirutsche und eine Spritzschlange sorgen für Abwechslung. Die Eltern können derweil in bequemen Liegen neben dem Becken sitzen und sich entspannen. Ein gut ausgestatteter Wickelraum steht ebenfalls zur Verfügung.
Auf hohem Niveau ist die Ausstattung des Bades. Die Fliesen sind geschmackvoll ausgewählt und farblich interessant, die kleinformatigen Bodenfliesen (in zwei Farben verlegt) sogar rutschfest genoppt. Es gibt eine halbrunde, lustige Rutsche, die mit Reifen befahren werden kann, aber nur ca. 20 m lang ist. Teuer war sicherlich der API-Wellenball, doch Spaß macht er auch hier nur in sehr geringem Umfang. Die Glasfassaden sind nach außen geneigt, so daß es hier nicht sehr laut ist. Ein wenig stört die durchgehende Wand, die den Sport- vom Erlebnisbereich trennt. Sie wirkt wie ein Klotz. Das hätte man transparenter machen können.
== Gastronomie ==
Eine blau gekachelte Treppe führt vom Erlebnisbereich nach oben in die Cafeteria. Dabei hat der Architekt auch den Raum unter dieser Treppe geschickt genutzt, indem er eine gelb gekachelte Kletterröhre integrierte. Auf der Galerie, die sich über die gesamte Ebene zieht, gibt es viel Platz für etwa 20 Tische. Das Angebot der Küche ist auf Familien zugeschnitten und bietet das dafür übliche Sortiment. Die gleiche Küche versorgt auch die sich auf der anderen Seite der Wand befindliche Saunabar.
Still ist es allerdings in der Hallenbad-Gastro, wo man sofort erkennt, daß ich kein Stammgast bin. Offenbar kennt man hier die Gäste schon beim Vornamen. Ich bestelle einen Salatteller, der recht preiswert und auch gut angerichtet ist. Allerdings sind die Salate fast alle aus der Dose und ich bin auch kein Fan von roten Bohnen und Kraut. Auf Anfrage bekomme ich auch Baguette dazu, das sogar gerade frisch gebacken ist. Ohne Zweifel geben sich die Pächter, ein junges Paar offenbar, im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr viel Mühe. Die Speisekarte ist leider nur auf dem Niveau einer besseren Pommesbude. Gourmets werden hier nicht befriedigt, doch das Essen wird liebevoll zubereitet, preiswert und schmackhaft.
== Saunaland ==
Durch ein Drehkreuz auf der Galerie (oder über die Treppe vom Foyer aus) gelangt man ins Saunaland. Auf über 1.000 m² Grundfläche entstand eine moderne Schwitz-Landschaft mit familiärer, gemütlicher Atmosphäre. Das Saunaland im Obergeschoß ist geschmackvoll und trotz eingeschränktem Platzangebot doch relativ geräumig.
Es gibt die Grundausstattung mit Finnsauna, Sanarium, Dampfbad drinnen sowie einer Blocksauna auf der kleinen, aber hübschen Dachterrasse. Alles wenig spektakulär, aber nicht ungemütlich. Schön ist es auf der windgeschützten Dachterrasse mit direktem Blick auf den alten Förderturm. Ein wenig Wellness bietet man außerdem an. Leider fehlt natürlich ein richtiger Außenbereich, also ein großer Saunagarten mit Block- oder Erdsaunas. Das wird aber aufgrund der Lage des Bades kaum nachzurüsten sein.
== Personal ==
Die Aufsichten sind sehr aufmerksam und immer und überall anwesend. Das erschwert es, Fotos zu machen, obwohl ich darauf nicht angesprochen werde. Man fühlt sich stets beobachtet, es gibt kein stilles Plätzchen.
== Architekt ==
Das Büro Dr. Krieger aus Velbert zeichnet für Entwurf und Bauausführung verantwortlich. Architekt Michael Krieger und sein Team haben sich in den letzten Jahren verstärkt im Bäderbau engagiert. Einige der interessantesten Freizeitbäder Deutschlands wurden von Krieger-Architekten realisiert, z. B. die „Sylter Welle“ in Westerland, das „Ishara“ in Bielefeld, das „Aggua“ in Troisdorf sowie der stilvolle Umbau des 100 Jahre alten Badehauses in Nordhausen und das „Allwetterbad“ in Senden. Alle bisherigen Bäderprojekte dieses Büros aufzuführen (wir haben über 50 gezählt), würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.
== Öffnungszeiten ==
Freizeitbad:
Mo bis Fr: 08 - 22 Uhr
Sa/So: 08 - 21 Uhr
Saunaland:
Mo bis Fr: 10 - 22 Uhr (Mo Damensauna)
Sa/So: 09 - 21 Uhr
== Tarife ==
Freizeitbad:
Ermäßigte: 3 € (2 Std.), 4 € (4 Std.), 50 Cent je weitere Std., 5 € (Tag)
Ab 17 Jahre: 5 € (2 Std.), 6 € (4 Std.), 50 Cent je weitere Std., 8 € (Tag)
Familien: 15 € (4 Std.), 2 € je weitere Std., 20 € (Tag)
Saunaland + Freizeitbad:
Einheitspreis: 10 € (2 Std.), 12 € (4 Std.), 1 € je weitere Std., 16 € (Tag)
Ermäßigte sind Kinder 6 - 16 Jahre. Familien sind 2 Erwachsene + 2 Kinder. Kinder bis 5 Jahre frei. Son-derpreise für 11er-Karten.
== Ausstattung ==
Freizeitbad:
Sportbecken (28 °, 25 x 16,66 m, 6 Bahnen, 417 m², 200 - 205 cm); dreigeteiltes Spaßbecken (30 °, 80 / 135 cm) auf 2 Ebenen mit 6 Sprudelliegen, Sitzsprudlern, Wasserfall, 3 Nackenduschen, Klettergerüst, Grotte und Api-Wellenball; Vario-Lehrbecken (30 °, 16,66 x 8 m, 133 m²) mit Hubboden (30 - 200 cm); Babybecken (32 °, 0 - 40 cm) auf 2 Ebenen mit Minirutsche, Spritzschlange und Wasserspritzern; offene Rutsche (25 m, Edelstahl) mit Auslauf ins Spaßbecken; Solarium „Tropic“ (2 Euro / 12 Min.); Solarium „Vip-Sun“ (2 Euro / 9 Min.); SB-Cafeteria (80 Plätze) auf der Galerie
Saunaland innen: Aufgußsauna (90 °); Sanarium (55 °) mit Farbwechsler; Dampfbad (45 °, gekachelt) mit Farbwechsel-Sternenhimmel; Tauchbecken (18 °); 6 Fußbecken; Kübeldusche; Eisschnee-Brunnen; Wärmebänke; Schlafraum; Panorama-Ruheraum; Saunabar (40 Plätze)
Saunaland außen:
Dach-Blockbohlensauna (90 °, Aufgüsse) mit Kaminofen; Dach-Terrasse
Sonstiges:
externe Cafeteria; bargeldloses Zahlen; Wickelraum; Schwimmkurse; Babyschwimmen; Aqua-Fitneß
== Fazit ==
Alles in allem hat es uns hier gut gefallen, wenngleich sich schon bald Langeweile einschleichen kann. Vom „Bade- und Saunaparadies in Duisburg“ (Claim) ist man noch ein gutes Stück entfernt. So richtig vom Hocker gerissen wird man nicht. Es fehlt irgendwie der Kick. Sicherlich ein Fehler, keine Erlebnisrutsche eingebaut zu haben. Der Hügel neben dem Bad böte allerdings noch die Möglichkeit einer unterirdischen Rutschanlage (Master-Blaster oder Lazy-River).
== Sterne ==
Eigentlich könnte man für dieses Bad, das ja mit relativ geringem finanziellem Aufwand komplett neu gebaut werden mußte, fünf Sterne geben. Für die fehlenden echten Spaß-Elemente ziehe ich jedoch einen Stern ab, also vier von fünf Sternen.
© by wellSPAss im Juli 2008 / 06. Dezember 2009
wellSPAss - wo sich Träume ihre Ideen holen!
|